In den letzten knapp zwei Jahren ist es dem Österreichischen Segel-Verband gelungen, die neo-olympische Disziplin Formula Kite erfolgreich aufzubauen. Alina Kornelli und Valentin Bontus haben in dieser Zeit eine große Entwicklung genommen, vor allem in den Bereichen Meteorologie, Taktik und Strömungsverhalten Fortschritte erzielt und sich in dieser Saison endgültig in der Weltspitze etabliert.
Bontus erreichte bei der Weltmeisterschaft im August in Den Haag (NED) den vierten Platz und löste damit das Nationenticket für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Kornelli hat sowohl bei der WM (17.) als auch der Europameisterschaft (8.) den Quotenplatz nur um wenige Punkte verpasst. Kommendes Frühjahr, vor Hyères (FRA), will die 23-Jährige dann endgültig auf den Olympia-Zug aufspringen.
„In den letzten beiden Jahren haben wir Vieles unternommen, um unsere Formula Kite-Athlet*innen an die Weltspitze heranzuführen. Das ist uns und unserem Trainerteam, dank hervorragender Arbeit, auch gelungen. Sowohl Valentin als auch Alina zählen zu den 15 besten Racer*innen der Welt. Um den nächsten ‚Step‘ – einerseits konstante Top-10-Ergebnisse zu bringen und eine Chance auf eine Medaille zu haben – zu schaffen, intensivieren wir nun auch unsere Forschungsarbeit im Technologiebereich“, erklärt Matthias Schmid, Sportdirektor vom Österreichischen Segel-Verband.
Das Streben nach der perfekten Position am Board
Der erstmalige Gang in den Klima-Wind-Kanal der Firma RTA in Wien hatte zum Ziel, die Position vonAlina Kornelli und Valentin Bontus am Board zu analysieren. „Der Fokus der Tests lag eindeutig auf der Optimierung der Position am Board. Minimale Veränderungen des Körpers und die Gewichtsverlagerung haben bereits großen Einfluss auf die Stabilität, die Aerodynamik und schlussendlich die Geschwindigkeit der Athlet*innen. Wir haben im Großen und Ganzen an der Kite-Technik gefeilt, um den Luftwiederstand zu reduzieren“, gibt Roman Hagara Einblicke in die Windkanaltests. Neben dem Doppelolympiasieger, der der Technologieabteilung im OeSV vorsteht, waren auch Formula Kite-Coach Luca Bursic und Foil-Techniker Michele Saponara anwesend. „Es war unglaublich wichtig, dass auch der Trainer- und Betreuerstab dabei war. Die beiden begleiten Alina und Valentin das ganze Jahr über, kennen deren Verhalten am Wasser ganz genau. Auch wenn der Großteil der Datenanalyse noch ansteht, konnten wir gemeinsam schon Kleinigkeiten festmachen, die in den nächsten Trainingsblöcken zumindest einmal testweise integriert werden“, so Hagara weiter.
Österreichische Sportverbände teilen ihr Know-how
Das österreichische Sportministerium subventioniert die Technologieforschungen vieler rot-weiß-roter Sportverbände – und fördert damit auch den Wissenstransfer untereinander. „Wir haben in Österreich sehr viele Verbände, die im Technologiebereich bereits große Pionierarbeit geleistet haben. Schon im Vorfeld des Projekts gab es einen guten Austausch mit den technischen Verantwortlichen im Österreichischen Skiverband und Österreichischen Rodelverband.Dadurch hatten wir das Glück, bereits an vielen Dingen mitzupartizipieren und konnten auf sehr viel Know-how zurückgreifen – das war ein unbezahlbarer Vorteil. Insgesamt sind die Technologieprojekte des Sportministeriums eine großartige Initiative. Es wird hier intensiv verbandsübergreifend gearbeitet und das ist ein Vorteil für alle Beteiligten“, weiß Roman Hagara, der die Planung für die Tests im Windkanal bereits vor einem halben Jahr gestartet hat.Während der Vorbereitungszeit und bei der Durchführung wurde der OeSV ausschließlich von heimischen Unternehmen unterstützt. „Wir haben uns darauf fokussiert, mit österreichischen Partnern zusammenzuarbeiten. Einerseits, weil es genug kompetente ‚Player‘ und Expertise gibt und andererseits, weil wir dadurch das Know-how in unserem Land herausfordern und somit weiter verbessern. Konkret durften wir mit der Firma RTA Rail Tec Arsenal Fahrzeugversuchsanlage GmbH und der Pegasus Research & Development GmbH kooperieren, die sich beide entschieden haben, mit uns diesen Weg zu gehen – und das in kürzester Zeit. Ihr Vorwissen, ihr Input, ihre Insights waren phänomenal und darüber sind wir sehr dankbar“, unterstreicht Hagara.
Valentin Bontus über die Tests im Windkanal:
„Für mich war es eine Mega-Erfahrung. Es hat sich ein wenig angefühlt, als wäre man bei Detailtest eines Formel 1-Teams. Wir haben versucht, die Bedingungen vom Wasser bestmöglich zu simulieren – und wir waren sehr nah dran, haben einen Super-Job gemacht. Auch wenn die Analyse der Daten und die Ergebnisse noch ausstehen, bin ich zuversichtlich, dass wir uns daraus sehr viel für unsere Weiterentwicklung im Bereich Geschwindigkeit mitgenommen haben.“
Alina Kornelli über die Tests im Windkanal:
„Ich bin super dankbar, dass wir die Möglichkeit bekommen haben, hier so intensiv und ausgiebig zu testen. Wir betreiben eine ‚high-performance‘ Sportart auf dem Wasser und jedes Detail kann hier einen entscheidenden Vorteil bringen. Ich bin mir sicher, dass wir aus diesen Tests eine Menge mitnehmen können.“
Über den Klima-Wind-Kanal in Wien:
Mit dem Klima-Wind-Kanal Wien betreibt die RTA Rail Tec Arsenal Fahrzeugversuchsanlage GmbH die weltweit größte Testinfrastruktur ihrer Art für Klimatests an Schienen- und Straßenfahrzeugen, technischen Systemen und Luftfahrzeugen. Als international tätiges, unabhängiges Forschungs- und Testinstitut werden in Wien Floridsdorf neue Transportsysteme und technische Einrichtungen extremen klimatischen Bedingungen von -45 bis +60°C und Windgeschwindigkeiten bis zu 300km/h ausgesetzt. Im Fokus der Erprobungs- und Entwicklungsmaßnahmen stehen v.a. die Optimierung des thermischen Komforts, Energieeffizienzsteigerung und Sicherheitsprüfungen von Massenverkehrsmitteln.